111 Sachen in Franken machen Oberfranken

Im Paradiestal wandern

Das Paradiestal ist nicht weit von Bamberg entfernt: Hier kann ich im Himmel zur Probe wohnen – oder wenigstens zur Probe laufen. Schon früh am Morgen ging es los. Nicht etwa, weil die Strecke so weit war, sondern weil wir die Kühle des frischen Tages nutzen wollten. Das Paradiestal liegt auf halbem Wege zwischen Bamberg und Bayreuth, dort, wo die Orte zu klein für Straßennamen sind und die Häuser Nummern tragen.

Hier gehts zum Papradiestal
Wegweiser zum Paradiestal

Das Paradies liegt in Oberfranken

Seit die Menschen vor ewigen Zeiten aus dem Paradies vertrieben wurden, seit dieser Zeit sehnen sie sich dorthin zurück. Es ist die Sehnsucht nach einer ursprünglichen Natur, nach Schönheit, nach dem verlorenen Paradies eben. Kurz vor Treunitz ist rechts ein Parkplatz, hier ist es nicht mehr weit bis zum Paradies. Leider ist bis dahin zwischen Fels und Straße nur ein fußbreiter Randstreifen Platz und ich hoffe, dass jetzt kein Auto schnell ums Eck biegt. Ich habe schließlich wenig Lust, als Kühlerfigur zu enden. Doch alles geht wie immer gut – und das Tor zum Paradies steht weithin offen. Kaum sind wir auf dem mit blauem Kreis gekennzeichneten Wiesenpfad angekommen, umfängt uns himmlische Stille. Nur das Zwitschern der Vögel ist zu hören.

Weg durch das Paradiestal
Wiesenweg im Paradiestal

Im Paradiestal gibt es für viele Arten ein persönliches Paradies

Felsen stehen rechts und links im dichten Wald, manche sind durchlöchert, als würden Bienen in ihnen wohnen. Einen richtigen Weg gibt es nicht im breiten Tal, alles ist breiter Weg, eine breite Wiesenautobahn für Fußgänger, gefurcht von Treckerspuren. Ein Widderchen, auch Blutströpfchen genannt, hat auf der lila Blüte sein persönliches Paradies gefunden. Es nascht Nektar.

Widderchen - gehört zur Familie der Schmetterlinge
Widderchen – auch als Blutströpfchen bekannt

Die Felsen tragen Namen und sind ein Kletterparadies

Wie ein versteinerter Löwenkopf guckt ein Felsen über das Tal. Im Paradiestal tragen viele Felsen einen Namen, dieser heißt offiziell Silberwand.

Silberwand im Paradiestal
Silberwand

Ob er so heißt, weil so viele silbern glänzende Haken im Fels verankert sind? Jedenfalls ist das Paradiestal auch ein Paradies für Kletterer: Hier gibt es viele Felsen in bizzarren Formationen. Viele sind mit Kletterhaken ausgerüstet – und der Plakette mit der Rufnummer für die Bergwacht. Falls jemand herunterpurzelt und Hilfe braucht, weiß er sofort, wo er anrufen muss. Hinter jeder Biegung tauchen neue von ihnen auf – und damit sie jeder gut sehen kann, sind die schönsten Felsen vom Bewuchs befreit.

Ein Wächter bewacht den Eingang zum Paradiestal

Das blaue Meer

Im Blauen Meer ist gar kein Wasser: Das liegt daran, dass das Paradiestal ein Trockental ist. Dafür blühen viele Vergissmeinnicht und färben das Grün himmelblau. Unter dem Felsüberhang, der darüber liegt und sich jetzt hinter den Brennnesseln versteckt hat, ist nur zur Schneeschmelze und nach starken Regenfällen Wasser. Dann allerdings soll es türkisblau schimmern. In der restlichen Zeit ist es trocken und nur ein kleines Rinnsal schlängelt sich durchs Tal.

Im Paradies ist Rucksackverpflegung angesagt

Das Tal biegt nach links – und rechts unter einem Felsen ist ein Keller: Hier wurden einst Eis und Bier gelagert. Auch wenn dieser offensichtlich saniert ist, versperrt ein festes Gitter den Zugang. Zu essen und zu trinken gibt es nichts im Paradies. Wer hier Hunger oder Durst verspürt, muss für sich selber sorgen und alles im Rucksack tragen.

Predigerstuhl im Paradiestal
Predigerstuhl

Gegenüber steht der Predigtstuhl.

Ein Engel im Paradiestal

Die Begleiterin trägt Engelsflügel und vergleicht das Paradiestal mit dem Computerspiel Final Fantasy: Dort, wo das Tal enger wird und scheinbar keinen Ausweg bietet, dort würden im Spiel die Monster lauern. Uns begegnet mitten auf dem Weg lediglich ein toter Maulwurf.

Toter Maulwurf im Paradiestal
Toter Maulwurf im Paradies

Ein kurzes Stück später wird das Paradies wildromantisch und an einem Felsen, dem Langenstein, sind selbst im milden Januar Kletterer unterwegs.

Kletterer in einer Felsenwand im Paradiestal
Langenstein im Paradiestal – Wer findet den Kletterer?

Nebenan ist die Hölle los

Wie im wirklichen Leben auch, liegt gleich neben dem Paradies die Hölle: Sie befindet sich links des Weges, heißt Bundesautobahn A70 und führt von Bamberg nach Bayreuth.

Hölle am Paradiestal
Die Autobahn A 70 geht ein kurzes Stück am Paradiestal entlang

Am Wochenende ist zwar verhältnismäßig wenig Verkehr, laut ist es trotzdem. Rechts des Weges ist eine endlos scheinende Photovoltaik-Anlage hinter einem Stacheldrahtzaun eingesperrt und wird von Kameras bewacht. Der Rundweg mit dem blauen Kreis führt zwischen zwei dieser Anlagen schlussendlich hindurch und damit auch weg von der Autobahn. Wenn die Vögel den Autobahnlärm übertönen wollen, müssen sie ganz schön laut zwitschern. Werden die dabei nicht schwerhörig?

Rundum Natur im Paradiestal

Das Paradiestal ist sechs Kilometer lang. An seiner breitesten Stelle misst es stolze 200 Meter, aber im Durchschnitt liegen zwischen 50 und 80 Meter zwischen den waldbestandenen Hängen. Rundum ist nur Natur: Holunderbüsche, Eichen, Ahorn, Tannen und Birken säumen das Tal.

Wiesenweg im Paradiestal

Wir würden uns gerne sattsehen und alles genießen, doch wir haben das Paradies nicht für uns alleine. Verfolgt von Bremsen werden wir nicht etwa langsamer – wie der Name dieser Insekten nahelegt – sondern eilen raschen Schrittes über das frisch gemähte Wiesengras, gehen nicht auf dem Hauptweg entlang, sondern kürzen ab. Auf dem Asphalt hieß es: Augen auf. Auch wenn die Raupen des Kleinen Fuchs durchaus fix unterwegs waren, wollten wir nicht auf sie treten.

Es gibt mehrere Zugänge zum Paradiestal

Unser Weg führt an fast reifen Feldern vorbei, bis wir wieder auf dem richtigen Weg sind, der mit Blaukreis gekennzeichnet ist. Im Hintergrund befindet sich ebenfalls ein Parkplatz. Auch von hier aus ist der Einstieg ins Paradiestal gut möglich. Das Engelchen stützt eine Säule am Rastplatz, die Bänke wurden in der Werkstatt Himmelkron gefertigt.

Bildstock aus Sandstein im Paradiestal
Marterl (religiöser Bildstock) im Paradiestal

Eine Allee mit Obstbäumen säumt den weiteren Weg. Wir rätseln eine Weile, bis wir sicher sind: Das sind ja Walnüsse! Auch Birnen, Kirschen und Pflaumen wachsen. Doch was darf auf einem Weg durch ein Paradiestal auf keinen Fall fehlen? Richtig, Äpfel.

Durch märchenhaften Wald geht es weiter

Der Weg führt in den Wald

Weiter geht es hinein in den Wald, der hier ein richtig schöner Märchenwald ist: Unter den Tannen ist ein weicher Moosteppich ausgebreitet und von den Zweigen hängen lange Moosbärte. Es fehlt nur noch, dass Rotkäppchen vorbeihüpft, die Blumen am Wegrand pflückt und dabei dem Wolf begegnet. Der Wald ist so dicht, dass die Sonnenstrahlen nur am Waldrand bis auf den Boden reichen. Ein kurzer, recht steiler Weg führt hinunter nach Treunitz. Das Dorf bezeichnet sich selbst als Pfifferdorf: Pfiffer ist fränkisch und heißt „Pilz“.

Das Paradies ist nah

Der Weg führt für ein kurzes Stück wieder direkt an der Straße entlang. Links fließt die Wiesent, deren Quelle nicht weit von hier ist, rechts sind Felsen. Glücklicherweise biegt bald ein Feldweg ab und führt über das Flüsschen. Jetzt sind es nur noch wenige Meter bis zum Parkplatz. Schön war es im Paradies. Und weil es nicht so weit weg ist, kann ich hier ja öfter hin.

Das Paradiestal ist 6 km lang und der Rundweg ca 11,5 km.
Die Wanderung dauert ca. 3 Stunden

Lage des Paradiestals auf der Karte.

Hier finden Sie eine ausführliche Beschreibung des Paradieswegs mit Wanderkarte. Bitte anklicken. Paradiestal

  1. Pingback: Himmelhochoben im Paradies unterwegs | Jaellekatz

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