Im Geschichtspark Bärnau scheint es, als wären die Bewohner gerade auf dem Feld oder zu Besuch bei der Nachbarin. Die Holzspäne der frisch gehobelten Bretter liegen verstreut im Gras, die Bänke sind mit Fellen gepolstert. Über manch einem Herd hängt der Kessel, obwohl kein Feuer glimmt. Und auf manchen Betten liegen Hemden für die Nacht.
Slawische Holzkirche in Stabbauweise
Ein Zaun aus roh gefügten Palisaden schützte einst vor Feinden, zu denen die Menschen damals auch Wölfe und Bären zählten. Heute dagegen ist das Museumsdorf vom Zaun umringt. Dieser leitet die Besucher via Kasse aufs Gelände, doch weil ich den EntdeckerPass vorweise, kann ich mir den Eintritt sparen. Am Ufer des murmelnden Baches neigt das Mädesüß blütenschwer die Köpfe übers Gras. Durch die Ritzen der slawischen Holzkirche scheint die Sonne und pfeift der Wind. Jeder Balken wurde in echter Handarbeit und ganz ohne Strom zurechtgehauen und in alter Handwerkskunst gefügt. Auf dem Boden aus gestampftem Lehm sind keine Bänke – damals haben wohl die Menschen eher im Stehen gebetet.
Auf offenem Feuer wurde gekocht
Der Verein Via Carolina mit seinen 650 Mitgliedern ist für den Geschichtspark in Bärnau verantwortlich. Mehr als 30 Gebäude aus der Zeit zwischen dem 9. und 3. Jahrhundert zeigen, wie das Leben damals war. Zu den jährlich stattfindenden Veranstaltungen beleben Darsteller in historischen Gewändern das Gelände und führen alte Handwerkskünste vor. Damit ist der Geschichtspark in Bärnau das größte archäologische Freilichtmuseum in Deutschland. Sind keine Darsteller auf dem Gelände, können die Besucher frei umherstreifen, in die Häuser spitzen und das einfache Flair auf sich wirken lassen.
Häuser aus dem Früh- und Hochmittelalter
Die Häuser sind übersichtlich, manche von ihnen als sogenannte Grubenhäuser zur Hälfte in den Erdboden gebaut. Wie viele Menschen in einem solchen Haus wohl gemeinsam lebten, arbeiteten, kochten und schliefen? Während im Sommer die Fläche rund um das Haus genutzt werden konnte, sah das im Winter sicher anders aus. Einzige Wärmequelle war das offene Feuer. Ein geschwärztes Fell über der Feuerstelle schützte das Dach vor dem Flug der Funken. Sind die Häuser bewohnt, brennt das Feuer auch heutzutage noch. Der Feuerlöscher ist zwar nicht authentisch, doch Zugeständnis an moderne Sicherheit.
Häuser aus dem Hochmittelalter sind schon aufwändiger gebaut
Sind die Häuser aus dem Frühmittelalter noch recht schlicht, nutzen spätere Bauten schon den Dachboden. Auch wenn es in der Herberge aus dem Hochmittelalter momentan leer ist und daher ruhig zugeht, kann ich mir lebhaft vorstellen, wie hier die Humpen mit Bier und Teller mit Brot und Fleisch über die Tische gereicht werden. Stimmt der Spielmann in der Ecke ein Lied an, singen die Menschen einfach mit.
Kräutergärten neben den Häusern
Im Kräuter- und Wirtschaftsgarten summen die Bienen, Ringelblumen blühen neben Johanniskraut, Schafgarbe und Salbei. Alles Pflanzen, die bereits Hildegard von Bingen kannte und in ihrem Werk „causa et curae“ erwähnte. In dieser Schrift weist die Äbtissin genau an, wie die Heilpflanzen gesammelt, verarbeitet, aufbewahrt und angewendet werden. Die Menschen im Früh- und Hochmittelalter nutzten Kräuter aber nicht nur zu Heilzwecken. Sie bereiteten auch Tees aus ihnen. Außerdem würzten sie den andernfalls möglicherweise recht fade schmeckenden Getreidebrei damit. Schließlich war das Salz im Mittelalter wertvolles Handelsgut und nicht jeder konnte sich die weißen Kristalle leisten.
Gute Aussicht von der Turmhügelburg
Die Turmhügelburg in der Mitte des Geschichtsparks ist auf einem fünf Meter hohen Hügel errichtet und das Wahrzeichen des Museums. Auf dem Teppich von Bayeux, der die Eroberung Englands durch die Normannen im Jahre 1066 in vielen Bildern sichtbar macht, sind ebensolche Turmhügelburgen abgebildet. Ein Wall schützt den kuppelförmigen Hügel. Dieser trägt nicht nur die Wohnräume, sondern auch eine Kampfplattform. Auf dieser konnten wenige Kämpfer viele Angreifer leichter abwehren. Von hier oben habe ich einen guten Blick über das Geschichtsdorf, kann den Bewohnern gewissermaßen bis in die Töpfe gucken. Ich sehe in die Talauen der Waldnaab bis nach Tschechien hinein. An der Via Carolina von Nürnberg nach Prag war hier schon immer Grenze und Handelsroute zugleich.
Reisekönig Karl IV.
Karl IV. war ein sogenannter Reisekönig ohne festen Wohnsitz. Er zog mit seinem gesamten Hofstaat und der Familie von einer Pfalz zur nächsten. Eine solche Pfalz soll künftig auch im Geschichtspark Bärnau stehen. Errichtet mit mittelalterlichen Werkzeugen soll der von Mauern umgebene Herrenhof in den kommenden Jahren entstehen. Die dafür nötigen Werkstätten der Steinmetze, Zimmermänner und Kalkbrenner sind rundherum bereits errichtet. Da weder moderne Technik noch Motoren helfen, dauert die Errichtung eines solchen Baues dann eben etwas länger. Wird gearbeitet, nehmen die Freiwilligen das mittelalterliche Werkzeug und sind selbstverständlich auch historisch korrekt gewandet.
Der Geschichtspark Bärnau befindet sich in der Naaber Straße 5b in 95671 Bärnau.
Vom 25. März bis 4. November ist er von Dienstag bis Sonntag in der Zeit zwischen 10 Uhr und 18 Uhr geöffnet und Montags nur an Feiertagen.
Wer in der Metropolregion Nürnberg auf Entdeckerreise gehen will, hält mit dem EntdeckerPass den richtigen Schlüssel in der Hand:
Für ein Kalenderjahr gibt es jeweils einmal freien Eintritt in mehr als 60 Museen, zu sieben Schlössern, Burgen und anderen Einrichtungen oder Ermäßigungen für andere Freizeitziele .